Waffen an Bord – Thomas von der Anna

Probleme auf Welt-Umsegelung

Eines der häufigst diskutierten Fragen unter Yachties ist die Frage nach Feuerwaffen. Neben ideologischen Vorbehalten finden sich oft erstaunliche Informations-Lücken.

Wie schon an anderer Stelle festgestellt, gilt auf offener See das internationale See-Recht. Ein Skipper-Eigner hat das Recht sich gegen Angriffe auf das Leben seiner Crew und gegen sein Eigentum angemessen zu verteidigen.

Meine Ansicht über geeignete Verteidigungs-Waffen habe ich im Boten verdeutlicht. Auf E-mail Anfrage sende ich gern den Original-Text. Feuerwaffen werden beim Einklarieren dem Zoll mitgeteilt. Eine Quittung mit Serien Nummer und Hersteller Name sowie Anzahl und Art der Munition übergibt der Zollbeamte dem Skipper. In der Regel wird der Zoll diese in Verwahrung nehmen. In zivilisierten Ländern gibt es selten eine Notwendigkeit solche an Bord zu verwahren.

So geschehen bei meiner Ankunft in Australien. Zu meiner Überraschung fand ich meine Mossberg Pumpaktion-Schrotflinte schrottreif verrostet vor. Sie wurde trotzdem übergeben. Später entdeckte ich in einem lokalen Waffengeschäft das selbe Model gebraucht zum Verkauf. Nach Bezahlung wurde diese Waffe auf meinen Schiffs- und Eigner-Namen zum Zoll geliefert und dort unter Verschluß genommen.

Beim Ausklarieren in Richtung PNG Monate später, bekam ich zwei versiegelte Pakete gegen Aushändigung der Quittung von zwei Zollbeamten an Bord gebracht. In Vertauen auf die Zuverlässigkeit des Australischen Zolls verzichtete ich auf eine Überprüfung des Inhalts.

Bei meiner Ankunft in Samarai/PNG, einer kleinen Insel mit Zollstation mußte ich feststellen, daß dies ein Fehler war. Der Paket-Inhalt bestand aus Waffen einer anderen Yacht. Ich versuchte den Umstand zu erklären und stieß vor erst auf Verständnis, zumal die Versiegelung meine Darstellung belegte.

Man schlug vor, die Pakete auf meinem Boot unter Verschluß zu lassen. Tags darauf eine völlig neue Situation: Der zuvor freundliche Zöllner präsentierte mir eine Fax Kopie seines Vorgesetzten, dessen Office etwa 20sm entfernt lag; in dieser Fax Kopie wurde ich aufgefordert die Waffen unverzüglich und ohne Quittung auszuhändigen, da sie beschlagnahmt seien. Im übrigen drohe mir eine Anklage wegen Waffen-Schmuggels. Ich teilte dem lokalem Zöllner, namens Felix, mit, ich gehorche nur unter Protest. Und werde die Waffen nur gegen Original Quittung mit Stempel und namentlicher Unterschrift übergeben. Weiter werde ich die Deutsche Botschaft in Port Moresby um Hilfe bitten.

Nach Email und Fern Gespräch mit der Botschaft änderte sich die Lage Tags darauf erneut. Felix kam an Bord und teilte mir mit, alles sei ein Irrtum. Die Waffen wurden an Bord unter Verschluß genommen und die Enklarierungs Papiere freundlich übergeben. Kein Wort mehr hinsichtlich Waffenschmuggels.

Es muß hinzu gefügt werden, das derartige Waffen in PNG einen hohen Marktwert darstellen. Bein Ausklarieren in Kokopo nahe Rabaul interessierte sich der Zoll überhaupt nicht mehr für die Waffen. Auf Palau nördlich des Äquators ging die Übergabe der Waffen an den Polizeichef nach dem Einklarieren völlig reibungslos. Allerdings bekam ich von ihm Tags darauf privaten Besuch. Er machte ein großzügiges Angebot, mir meine Waffen ab zu kaufen.

Man möge mir die langschweifigen Ausführungen über einen an und für sich belanglosen Vorgang nachsehen. Aber es schien mir der Deutlichkeit erforderlich. Warum braucht man beim Segeln Feuerwaffen? Nun, der aktuelle Anlaß meiner Zeilen ist der Piraten-Überfall auf die Superyacht „Le Ponant“ vor der Somalischen Küste.

Ich bin der Überzeugung, daß der Schiffsführung dieser Yacht die Hauptschuld an der Kaperung zufällt. Mir liegen Presse-Photos der Yacht nach der Kaperung vor und diese lassen diesen Schluß zu. Alle Vorteile gegen Piraten-Angriffe standen zu Gunsten der hochbordigen Yacht. Sie besitzt hochauflösende Langstrecken Radar sowie modernste Telekomunikations Mittel. Eine oder mehrere auf die Yacht zufahrende Piraten-Boote konnten lange vor Ankunft erkannt werden. Hilferufe per Satteliten Telephon würden sofortige Hilfe mobilisieren.

Die über 66m Yacht ist eine Metal Konstruktion, mit ausschließlichem Zugang über die Hecktreppe. Um einen solchen „Riesen“ ernsthaft zu gefährden benötigen Piraten Marine-Kanonen. Automatische Infanterie-Waffen machen nur kosmetische Schäden. Die Verteidiger können sich ideal verstecken und die zahlenmäßig unterlegenen Angreifer abwehren. Die 32 Mann Crew mit Nachtsicht Geräten seitlich und am Heck postiert konnten die Piraten lange vor dem Borden ausmachen. Abwehrfeuer aus sicherer Deckung hätten das Borden verzögert, bis Hilfe eintreffen konnte. Eine Kursänderung in Richtung offenen See mit Hoechstfahrt hätte ein Übriges getan. In einer E-Mail eines Crew Mitglieds konnte man lesen, daß dem Kapitän die Gefahr bekannt war und er die Positionslampen abgeschalten ließ.

Zur Zeit des Überfalls herrschten Neumond und ruhige See. Es drängt sich der Verdacht auf: die Schiffsführung ließ das Schiff ohne Ausguck, ohne Radarwache unter Autopilot laufen und wurde im Schlaf überrascht. Ideal für die Piraten, die ohne einen Schuß abzufeuern mit zwei kleinen Außenbord-Motor Booten ungehindert die Superyacht kapern konnten.

Thomas von der Anna