TWIST

Wer den TWIST anschaut und die Augen etwas zukneift, wird mit etwas Phantasie den siegreichen Katamaran CLUB MED von THE RACE vor sich wähnen: elegante langgezogene Rümpfe ohne Aufbau, negative Heckspiegel, Spatenruder, endloser drehbarer Mast und durchgelattetes ausgestelltes Groß. Dabei ist der TWIST schon vor fast 15 Jahren als Sieger eines Wettbewerbes hervorgegangen, der einen zeitgemäßen trailerbaren Fahrtenkatamaran hervorbringen sollte. Der Chef der französischen Werft Naval Force 3 in La Rochelle, Samuel Boudon, ist der Vater des TWIST. Und sicherlich haben ihn bei seinem Entwurf die Megakats à la FLEURY MICHON der Siebziger- und Achtzigerjahre, nicht unbeeinflusst gelassen.

Der TWIST ist 6,30 Meter lang, 3,30 Meter breit wenn er aufgebaut ist bzw. 1,90 Meter breit auf dem Trailer, wiegt 350 Kilo, geht 0,48 Meter tief, weist ein Freibord von 0,68 Meter auf, trägt ein Hauptsegel mit 17,4 qm und eine Rollfock mit 5,1 qm, hat einen Mast der 7,70 Meter lang ist, bietet vier Kojen in den Rümpfen, ein Cockpitzelt und kann von zwei Menschen ohne besondere Kraftanstrengung in drei Stunden aufgebaut werden.

Unser TWIST hat neben einer Rollfock und einem Hauptsegel noch einen Gennaker (Halbwinder) und einen Spinnaker, von denen ich die Flächen nicht weiß. Wer das Boot nicht überlädt Ð und dazu laden die geräumigen Rümpfe leider geradezu ein Ð kann sich über ein Boot freuen, das leicht anspringt, schnell ins Gleiten kommt und superflott segelt. Der Flitzer gibt sich lebendig und ausgewogen. Die Fock mussten wir noch nie backhalten, um eine Wende zu fahren Ð der TWIST geht gut rum! Das Grosssegel wird baumlos gefahren und direkt vom Schothorn über eine Talje mit Klemme auf den achteren Beam geschoren. Die Sitzposition für den Steuermann ist Dank der Relingsgurte sehr gut, bei langen Schlägen erhöht ein Plastikstuhl mit abgesägten Beinen den Komfort allerdings wesentlich. Bei Hack haben wir auf die fülligen Unterwasserschiffe im Bugbereich immer große Stücke gehalten, weil wir nie Sorge hatten, ein Bug könnte unterschneiden und den Kat koppheister gehen lassen. Zwar sehen die Stummelkiele am Land nicht nach viel aus, im Wasser jedoch vermindern sie jedoch wirksam die Abdrift und sorgen für gute Kreuzeigenschaften.

Unseren TWIST schiebt bei Flaute ein 4-PS-Außenborder (mit Langschaft), der beim Segeln hochgeklappt wird. Diese Motorisierung ist vollkommen ausreichend, weil der Kat vergleichbar mit einer Jolle auch in engen Häfen oder Buchten unter Segel manövriert werden kann. Unsere Segelzeit am Edersee hat gezeigt, dass es auch ganz ohne Motor geht, weil das Boot bei Flaute ganz gut mit Paddelschlägen vorangetrieben werden kann. Bei Speed und Welle allerdings ¯schaufelt¯ der Propeller Unmengen von Wasser an Deck und sollte besser in den Rümpfen verstaut werden.

Die beiden Rümpfe sind über Scharniere mit dem Brückendeck verbunden, was den Bootsaufbau sehr vereinfacht, weil ein Ausrichten der unhandlichen Rümpfe unnötig ist. Beim Bootsaufbau (die Rümpfe liegen verkehrt herum auf dem Deck) klappt man einen Rumpf nach dem anderen über die Scharniere runter. Dann werden zwei Aluminiumrohre in die ¯Garagen¯ geschoben, um dem Boot die erforderliche Festigkeit zu geben. Der drehbare Mast wird über die Trailerwinde gestellt.

In den beiden Stummelkielen sind halbkreisförmige Aussparungen, die zwei Achsen mit jeweils zwei Rädern aufnehmen. Das Boot kann also komplett an Land aufgebaut und dann ins Wasser gerollt werden, so daß der Trailer nie ins Wasser muss (natürlich kann man die Räder auch unterwegs nutzen, um das Boot auf den flachen Strand zu ziehen oder sonst an Land mobil zu halten). Aber Achtung: Da der Kat in seiner ganzen Breite vom Trailer ins Wasser gerollt werden muß (umgekehrt genauso aus dem Wasser), ist eine Rampe nötig, die etwa 3,50 Meter breit ist! Nicht selten haben wir uns mit dem Klappspaten die nötige Rampe am Strand selber geschaffen. Wichtig ist auch, dass der Bootsauf- oder abbauplatz möglichst ebenerdig ist. Um das Boot wie vorgesehen auf- und abbauen zu können, ist eine spezielle Trailervorrichtung vonnöten.

Dem Prospekt nach bieten die beiden Rümpfe auf vier spartanischen Rohrkojen Platz für vier Schlafende. Kinder können diesen kuscheligen Höhlen meist mehr abgewinnen, als Erwachsene. Enge und fehlende Lüftungsmöglichkeit (bei geschlossenen Plexiglasluken) machen aus unserer Sicht die Rümpfe als Schlafräume unattraktiv. Deshalb nutzen wir die Rümpfe ¯nur¯ als Stauraum (oder eben als Kinderschlafräume). Wir nächtigen unter dem Zelt: Die vier Relingsstützen sind dafür vorgesehen ein Fiberglaszeltgestänge für ein Kuppelzelt aufzunehmen. Die reine Liegefläche des Cockpits beträgt 2,70 m mal 1,75 m. Das Zelt deckt darüber hinaus auch die Luken der Rümpfe ab und bietet immerhin 1,80 Meter Stehhöhe! Es hat zwei Eingänge und an den Seiten Fenster. Wir halten Kunstrasen bereit, den wir nur bei Hack in einem der Rümpfe vor Feuchtigkeit schützen, um das Cockpit kniefrreundlich zu halten. Ein spezieller Packsack, der während des Tourens vor dem Mast befestigt wird, nimmt Räder, Achsen und Zelt auf.

Der TWIST ist in allen Details sauber verarbeitet und die Beschläge sind praxisgerecht dimensioniert und platziert. Die Rümpfe sind aus GFK-Volllaminat, das Deck aus Sandwich mit einem Kern aus Balsaholz. Alles (besonders das Rigg) ist stabil und fest gebaut.

Der TWIST spielt von der Größe her in der Liga der kleinen Wharram-Katamarane. Was die Segeltechnik, den Flair und das Auf- und Abbaukonzept angeht, liegen allerdings Welten zwischen diesen Kats. Der TWIST hat eine Menge gemeinsam mit dem schnellsten Katamaran der Welt unserer Tage Ð nur in klein halt. Der TWIST ermöglich leergeräumt ein sehr sportliches Segeln. Das bemerkenswerte Trailerkonzept in Verbindung mit den Rädern und dem Kuppelzelt bieten aber auch tolle Tourenmöglichkeiten.

Autor: Hansjörg Hennemann