STYRIA 26

STYRIA 26 – Schatzmeisters Schätzchen

Bootsmaße: 8 m lang, 5,1 m breit, Tiefgang 0,2/1,2 m, Gewicht 1 to, Segelfläche ca. 30 qm.

Konstruiert und gebaut wurde der Kat von der Werft Schein in Österreich.

Die Styria ist ein Open-bridge-Kat der angeblich ausgestorbenen Micromultihull-Klasse. Die Linien sind sehr elegant, der Steven ist oben leicht schräg und unten senkrecht. Das Heck ist langgezogen schräg und beinhaltet die Kassette des sehr kleinen Ruders. Der Hauptbeam ist ein 1 m breiter Flügelträger. Das Deck besteht anstelle aus Trampolin aus Sandwichplatten. Die Deckshöhe beträgt 80 cm über Wasser, das bedeutet echte Seegängigkeit. Die tulpenförmigen Rümpfe (=über der Wasserlinie stark verbreitert) beherbergen jeweils zwei Kojen (1,9*0,7m), eine vorne und achtern. Unter jeder Koje sind zwei Staufächer, das ist überreichlich. Im Bereich des Eingangs durch Schiebeluken hat man auf 1,5 m Länge eine Höhe von 1,6 m. Die gesamte Segelausrüstung plus Tank und Batterie wird im Hauptbeam verstaut, der zwei riesige Staufächer hat. Die Styria hat Steckschwerter auf den Rumpfinnenseiten.

Der drehbare Mast ist 10 m lang und lässt sich von einer Person sowohl tragen als auch stellen. Das Großsegel ist durchgelattet und ausgestellt. Dazu kommt eine Rollfock und ein 7/8 Gennaker, und seit letztem Sommer als Leckerli ein 60 qm Top-Gennaker.

Ein Trailer in Form eines Autotrailers ist vorhanden. Auf diesen wird der trapezförmig auseinander fahrbare Slipwagen gezogen. Auf dem Slipwagen kann der Kat von einer Person montiert werden, nur für den Hauptbeam braucht man mindestens zwei kräftige Personen. Als Flautenschieber fungiert ein alter 8 PS Yamaha, nur bei Wind und Strom gegenan quält er sich etwas, aber es reicht.

Soweit die Fakten, nun Lobgehudel:

Vorweg: Für große Touren fehlte mir bisher einfach die Zeit, doch war einmal Rasmus Einhand vor Bremerhaven und ich zweimal bei 6-7 Bft., jeweils bei Wind gegen Strom und mit Anfängerrinnen an Bord, auf der Außenweser unterwegs. Es gibt kaum schlechtere Bedingungen. Diese und zahlreiche kleine Touren haben gezeigt:

Der Kat ist einfach gut. Segelt trotz des für meine Jugend zu kleinen Mastes einen Tick schneller als ein Dragonfly 800 MK II. Immerhin ein kleiner Trost, denn immer wenn ich am Strand den über einen Meter längeren Mast von Rasmus benachbartem DF 800 sehe…

Die Styria kann zwar nicht ganz die gleiche Höhe halten, segelt aber dafür, gerade bei mehr Wind, etwas schneller und springt in Böen schneller an.

Die Breite lässt das Boot immer aufrecht segeln, trotz penetranten Vollzeugsegelns kommt auch bei Sturm kein Bein raus. Das ist praktisch, da ich gerne mit Selbststeueranlage segle. So kann ich mich vorne aufs Trampolin legen und meine grünen “Sail-Away” -Trimmgewichte überall abstellen. Ein weiterer Effekt der großen Breite ist, dass selbst bei Wellengang kaum Schaukeln auftritt.

Der Hauptbeam gibt aufgrund seiner Form eine sehr hohe Steifigkeit, das Boot geht ohne Verwindung selbst durch hohe Wellen.

Das Boot ist sehr gut isoliert, da es bis auf das Unterwasserschiff und an Beschlägen komplett aus Airex-Sandwich gebaut ist. Das Platzangebot ist im Vergleich zu anderen Micros, von denen einige hier durch die Gegend kreuzen, riesig, sowohl innen wie außen.

Das Sandwich-Deck gibt eine große sichere Arbeitsfläche, bei der z.B. das Reffen selbst bei Sturm und Wellengang völlig gefahrlos ist. Wer da über Bord geht, ist pleite+ Lieblingsverein hat verloren+ keifende Alte/Alten zuhause. Dazu pfeift kein Wind durch, kein Spritzwasser kommt von unten und man verliert keine Ausrüstung. Diese Vorteile lassen das Mehrgewicht von ca. 80 kg vergessen. Zudem ist der Motor drehbar mittschiffs aufgehängt und der Propeller kommt auch bei Wellengang nicht ungewollt aus dem Wasser.

Das Boot segelt bei allen Geschwindigkeiten wie auf Schienen, ist 100 % kursstabil und immer voll steuerbar, und zwar mit dem sprichwörtlichen kleinen Finger.

Seit diesem Sommer erstrahlen die Rümpfe in Stahlblau und das Deck sowie Heck in Weiß. Verwendet wurden als Untergrund ein Epoxy-Primer und als Endlack ein 2-K-PU-Lack von International. Dickes Lob an unser Mitglied Heinz O. von SVB in Bremen, dessen beratende Aussagen von meinem Profi-Lackierer voll bestätigt wurden. Oldenburger Segler sind da andere “Fachhändler” gewöhnt.

Unterwasser habe ich auf zwei Schichten pures Sicomin-Epoxy von Time-Out ein Epoxy-Graphit-Gemisch aufgetragen, da das Boot zweimal täglich im Sand trocken fällt und dieses hoffentlich scheuerresistent ist. Erste Beobachtungen sind vielversprechend. Den ersten Auftrag allerdings durfte ich komplett an zwei Wochenenden wieder abschleifen, da sich statt nur Tropfen ganze Wellen gebildet haben. Graphit schleifen, das glaubt mir keiner, was das heißt… ( >>> Sekt bei Michael auf der Düssel-Boot)

Die Langzeiterfahrungen, insbesondere bezgl. Bewuchs, mit dem Unterwasseranstrich werde ich noch berichten.

Die Wermutstropfen sind bauartbedingt. Ein Open-bridge-Kat ist eher für warme Gefilde geeignet. Bei dem hier vorherrschenden Schietweer ist ein Trimaran mit seiner größeren Kajüte und der geschützteren Plicht vom Komfort her sicher besser. Aber ist das Ölzeug an (oder das Wetter gut (jaja, ist ein Scherz)), es gibt nichts schöneres!

Nachfragen, Infos zum Boot oder Riggangebote ab 11 m an den Schatzmeister.

Der Kat wird übrigens wieder neu gebaut, und zwar von der Leban-Werft in Österreich. Für nur 50.000 EURO ist der Mast auch 11,5 Meter lang.

Autor: Jörg Schwandt