Hansjörg Hennemann
Die in Serien gebauten Katamarane französischen Provenienz (Privilège, Lagoon, Fountaine- Pajot, Nautitech) kommen ziemlich gleichförmig daher. Kein Wunder, denn sie haben – der wirkungsvollen Pariser Investitionspolitik sei Dank – vor allem die Chartergesellschaften rund um den Globus im Visier und da braucht es immer das Gleiche: viele Kojen, einfaches Handlung, viel Komfort, sichere Riggs und gutmütige Boote. Im Ergebnis führt dies zu breiten Rümpfen, Kielen statt Schwertern, relativ kleinen Segelflächen und vergleichsweise schweren Boote, die an der Kreuz und bei leichten Winden meist nur schwer begeistern können (Am Rande sie hier angemerkt, dass Fountaine-Pajot seit jüngster Zeit nachbessert und deren Kats auf Wunsch mit ausgestellten Großsegeln (Cruising Square Top) ausstattet werden). Der einzige nennenswerte Gegenpol zu diesen Wohn-Kats stellt die Outremer-Werft dar, die rassige Segelkatamarane für ambitionierte Eigner anbietet. Wer sich bisher nicht zwischen Selters und Sekt entscheiden wollte oder konnte, für den mag der Fusion-40-Kat eine Überlegungen wert sein, weil er Segelleistungen und Komfort in einer für die französische Katamaran-Dominanz untypische Weise kombiniert.
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Die Fusion 40 (12,20m Rumpflänge) wartet mit verlockenden Leistungsdaten auf: mit 7,20m ist sie 70cm breiter als z.B. die Nautitech 40 (Rumpflänge 11,98m), sie soll/kann 5,3t (statt 7,4t wie die Nautitech 40) wiegen und 100,00m Segelfläche am Wind führen (gegenüber 87,00m bei der Nautitech 40). Übertragen auf das Verhältnis Segelfläche zu Bootsgewicht bedeutet dies einen Wert von 18,87 für die Fusion im Vergleich zu 11,76 für die Nautitech (die Lavezzi 40 liegt bei 90,00m /6,2t = 14,52). Im jüngsten Test der französischen Voiles&Voiliers 11/2008 punktet die Fusion 40 folgerichtig mit überdurchschnittlichen Segelleistungen in den Bereichen Geschwindigkeit und Höhe am Wind, was nicht zuletzt den relativ schlanken Rümpfen in Kombination mit den Steckschwertern (Tiefgang 0,60 bis 2,00m) geschuldet ist.
Daneben wartet die Fusion 40 noch mit vier anderen Leckerlis auf: Zum ersten liegt der Freischlag (Distanz Unterkante Cockpit bis zur Wasseroberfläche) bei 80cm – ein Top-Wert! Zum zweiten kann der Kat in verschiedenen Ausbaustufen geordert werden. Zum dritten kann der Eigner, der sich für ein fertiges Boot entscheidet, Ausrüstung sowie Innenausbau nach seinen Wünschen gestalten lassen. Und zum vierten kommt die Fusion 40 Kat optisch etwas rassiger und schiffiger daher als ihre Wettbewerber.
Über die Ausrüstung und die Inneneinrichtung sollen hier nicht viele Worte verloren werden, denn das Testboot wurde ganz klar auf die Wünsche seines Eigners, eines erfahrenen Regattaseglers, zugeschnitten (z.B. je Rumpf ein Steuerstand, höheres Rigg, Steckschwerter etc.), der mit dem Kat ausgedehnte Familientörns im Sinn hat. Der besondere Einrichtungsplan ordnete sich den beiden Überschriften „leicht“ und „Zentrierung der Massen“ konsequent unter und dürfte vielen Interessenten zu asketisch sein. Das Testboot ist mit dem Standardsegelplan, der eine Selbstwendefock in Kombination mit Gennaker oder Spinnaker plus durchgelattetem Großsegel vorsieht, ausgestattet. Solange es nicht die Bootsstruktur berührt, spricht die Werft dem Eigner also ein weitreichendes Gestaltungsrecht zu. Der Test-Kat „Kangaroo“ ist auf Jungfernfahrt Richtung Tropen unterwegs und hat Madeira mit einem Schnitt von 8,7 Knoten erreicht (Top-Speed: 18,9 Knoten nur unter dreifach gerefftem Groß). Mehr dazu unter www.favrenmer.ch
Das in Australien konzipierte Boot kommt in zwei 40 Fuß Containern, zerlegt in 65 größere Einzelteile (Vinylester-Schaum-Sandwich), nach Europa. Die per Infusionsverfahren gefertigten Teile werden in Bangkok produziert. Derzeit stehen in Europa zwei autorisierte Zusammenbau-Werften zur Verfügung, eine an der französischen Atlantikküste und eine an Frankreichs Mittelmeerküste.
Mit 400TEU ist die getestete Fusion 40 deutlich teurer als ihre Mitbewerber von der Stange (Nautitech 40: ca. 318TEU, Lavezzi 40: ca. 290TEU). Für diesen Mehrpreis kann der Eigner vor allem zwei Dinge erwarten: a) ein Boot eingerichtet und ausgestattet nach seinen Vorstellungen – segeln und wohnen à la carte und b) ein Boot, das im Vergleich zum Serienbau überdurchschnittliche Segelleistungen verspricht, ohne dass auf die typischen Raumund Komfortelemente eines 40-Fuß-Kats verzichtet werden muss.
Eine preisgünstigere Alternative besteht darin, den Bausatz zu einem Preis von 112TEU zu ordern. Obwohl die Einzelteile sorgfältig und passgenau gefertigt sein sollen, erfordert der Zusammenbau einiges an Erfahrung im Kunststoffbau, die geeignete Halle und Werkzeuge sowie Durchhaltevermögen. Wen der Zusammenbau des Puzzles dann doch schreckt, der mag sich vielleicht mit dem Kasko inklusive zwei Motoren für 215 TEU oder mit einer segelfertigen Basisversion ohne Einrichtung für 263 TEU anfreunden. Laut Homepage (www.fusioncats.fr) schwimmt gerade mal der erste Kat vom Typ Fusion 40 in europäischen Gewässern, das Ganze ist also eine ganz brandneue Geschichte. Das letzte Wort in Sachen Bauwerft, Standardausstattung und Preise dürfte demnach noch nicht in Stein gemeißelt sein, ganz im Gegenteil. Mehr zu dem Kat auch unter www.fusionfrance.fr, [1] und unter www.fusion-med.com