Edel Cat 33&35

Erfahrungen mit der EDEL 33 und 35

Ob nach Norden oder nach Süden: Von München aus ist es zu beiden Meeren etwa gleich weit, aber trotzdem ziemlich weit. Ein Boot am Meer lohnt sich nur, wenn es oft, möglichst mehrfach im Jahr genutzt wird. Wer kann das schon?

Eine relativ sorgenfreie und meist angenehme Möglichkeit ist für uns Binnenländler daher das Chartern. Seit 1994 chartere ich mit Freunden Katamarane auf der Ostsee. Von zwei Törns mit 2 verschiedenen MARAMÔs abgesehen charterte ich EDEL 33 und 35, letztes Jahr zum 5. Mal, viermal mit derselben EDEL 35. Hier nun unsere Erfahrungen mit dem Boot.

Zum Rahmen der Reisen

1994, Ende August: Mit EDEL 33 von Wismar eine Woche rund um Rügen, mit Abstechern in die Odermündung und über Klintholm in Dänemark

1997, Ende September: Mit EDEL 35 ¯Cats¯von Wismar zwei Wochen durch den Großen Belt über Säby, Marstrand, westschwedische Schären, Anholt, Großen Belt, dänische Südsee, Fehmarn wieder nach Wismar

1998, ganzen August: Mit ¯Cats¯ von Stockholm Ð dort übernahmen wir das Boot Ð 4 Wochen durch die Aalandsinseln nach Finnland, die ostschwedischen Schären, Stockholm, dort teilweiser Mannschaftswechsel, Borgholm, Kalmarsund, Christiansö, Bornholm, Rügen, Warnemünde nach Wismar

1999, Mitte August: Mit ¯Cats¯ von Wismar 2 Wochen durch den Großen Belt, Samsö, Äbeltoft, Anholt, Marstrand, westschwedische Schären, Läsö, Kleiner Belt, dänische Südsee, Fehmarn nach Wismar

2000, Anfang August: Mit ¯Cats¯ von nördlich Grenaa 2 Wochen über das Skagerrak, norwegische Schären, Frederikstadt in Norwegen, Oslobesuch mit der Bahn, westschwedische Schären bis Marstrand, Grenaa, Großer Belt, dänische Südsee, Heiligenhafen nach Wismar.

Warum Chartern in der Ostsee, warum nicht im Mittelmeer? Keine Frage, wärmer ist es im Mittelmeer allemal, geschichtsträchtiger auch, kulinarisch eine immer wieder vielversprechende, anregende Menükarte.

Lebenshaltung ist billiger, Chartern teurer. Entscheidend ist das erlebnisreichere Segeln im Norden. Eine kräftige warme Brise im Mittelmeer ist ein hinreißendes, beglückendes Erlebnis; aber wann und wo gibt es die schon? Die Zahl der Flautenberichte vom Mittelmeer ist bei weitem in der Überzahl und totale Windstille in der Augusthitze ist für Nordlandfans weit schlimmer als ein sportliches Segeln in frischer Brise, selbst leicht verregnet.

Wir hatten auf allen 7 Fahrten Glück mit dem Wetter. Es regnete wenig, selten war Flaute, 15 % der Strecke haben wir motort, etwa 20 % der Zeit mußten wir aufkreuzen, an 2 Tagen 7 Bft am Wind, bei stärkerem Wind haben wir uns verkrochen.

Zum Boot. Im Gesamtentwurf und auch in den meisten Details unterscheiden sich die EÔ33 und 35 nicht voneinander, der halbe Meter kommt, meine ich, in der Naßzelle dazu. Durch die Aufteilung in 3 unabhängige Wohn- und Lebensräume wirkt das Boot weniger plump und protzig, es sieht ansprechend aus, vielleicht der geglückteste Kompromiss aus Wohnlichkeit, Seegängigkeit und Segelpotenz. Toilette in jedem Rumpf – welch ein Luxus! Und alle Kabinen völlig getrennt, schalldicht! In den meisten Häfen waren wir der einzige Mehrrümpfer. Die Ausrüstung von ¯Cats¯ ist angemessen: An Segeln Lattengroß mit 3 Reffs, Rollfock, Gennaker, Blister, Sturmtri, sind in gutem Zustand, die Rollfock ist zu bauchig, ausgeleiert, wird hoffentlich ersetzt. 2 AB-Motoren, Yamaha 9.9 in aufschwenkbaren Gondeln, so daß unter Segeln keine Bremsung durch die Schrauben

Erfahrungen und Beurteilung will ich unter 5 Gesichtspunkten zusammenfassen:

Wohlbefinden und Komfort

Ich segele seit 1955 auf Ost- und Nordsee, mehrfach Mittelmeer, einmal Karibik, fast alle Törns vor 1994 auf Einrümpfern. Der Unterschied im täglichen Wohlbefinden ist wie Tag und Nacht. Wenn das Etappenziel nur am Wind zu erreichen ist und die See zeigt Schaum, dann heißt dies beim Einrümpfer: Durchbeißen. Den ganzen Tag Lage, der Abstieg über den Niedergang nur mit Überwindung: auf Toilette, zum Essen machen, Navigieren, Wetterbericht hören. Ölzeug oder dickeren Pullover anziehen bedeutet Verkrampfen, sich irgendwie Einklemmen, für nicht Wenige Seekrankheit. Bei unsicheren Kandidaten habe ich wenn irgend möglich ganztägig den Steward gespielt, Kleidung und Ölzeug rausgebracht, auch gekocht, navigiert. Denn mehrere durch Seekrankheit ausgefallene Freunde sind eine schwere Belastung für den Kapitän, der auch irgendwann seine Grenzen spürt. Nichts dergleichen beim EDEL mit den einzeln begeh-baren Rümpfen, der mittigen unabhängigen Kajüte und vor allem der vernachlässigbaren Krängung. Kein Kämpfen um Halt, keine Durchhalteparolen. Das Boot liegt weich und ruhig, fast wie im Hafen. Seekrankheit resultiert auch aus Verspannung, Unsicherheit und Angst. Und die ist sicher viel geringer auf einem weich und flach gleitenden Boot.

Die Mär, daß alles auf dem Tisch stehen bleiben kann glaubte ich bis zum ersten Amwindsegeln mit 10 bis 12 kn. Auch halben Winds können die Wellen zu Neigungen von 15 Grad und mehr führen, da rutschen Tassen, Gläser und Teller.

In dankbarer, prägender Erinnerung bleibt mir der Rückzug in den Rumpf bei Wachablösung nach mehreren Stunden feuchten Gegenansegelns: Ohne Verspannung, fast wie im Hafen das Ölzeug abgestreift, raus aus Schuhen und Pullover, gemütlich einen Apfel essend den Blick aus dem Fenster auf die brechenden Seen genossen, in den Schlafsack und dann in den Schlaf wiegen lassen in der Achterkoje. Auch ein kleines Nickerchen auf der Couch im Salon, bei kräftigem Gegenansegeln gehört zum Mehrrumpfluxus.

Trotzdem holt sich die Seekrankheit auch auf dem Katamaran ihre Opfer, aber es ist viel seltener.

Manövrierfähigkeit

Hier zeigt sich der ganze Kummer der Katamarane, kein Vergleich mit Einrumpferinne-rungen. Ein Anleger unter Segeln, das Gesellenstück jedes Skippers, ein Albtraum mit dem Katamaran. Der Wendekreis der EDEL hat 3 bis 4 Bootslängen Durchmesser, das kommt einerseits von der großen Breite des Bootes und dem Drehwiderstand der beiden Rümpfe. Man muß froh sein, in den kleineren Häfen die Kurven in der Einfahrt unter Mo-tor zu schaffen. Rückwärtsschub des Innenmotors ist unerläßlich. Zum andern werden die Ruder nicht wie bei den Einrümpfern vom Schraubenstrahl angeblasen, denn die beiden AB-Motoren hängen zwischen den Rümpen, nicht drehbar, in einzelnen Gon-deln.

Mit den beiden Motoren kann ¯Cats¯ natürlich auf der Stelle gedreht werden, aber nur bis etwa 3 Bft. Da die Schrauben rückwärts erheblich schwächer schieben schafft der Innenmotor den nötigen Zug nicht. Bei viel Wind und langsamer Fahrt das Boot in den Wind drehen, um in scharfem Winkel eine Einfahrt zu meistern ist kaum möglich. Hoch am Wind und Aufkreuzen

Die Lateralflächen der EDEL-Katamarane mit Stummelkielen. Der Tiefgang vergrößert sich damit auf 0,9 m und er sollte nicht größer sein, denn einer der großen Vorzüge der Mehrrümpfer ist ja ihr geringer Tiefgang. Insofern sind die Kiele ein Ärgernis,

Schwerter erlauben Tiefgang von 0,3 m und weniger, aber wer sich mit klemmenden, verbogenen oder gar abgebrochenen Schwertern Ôrumgeärgert hat begrüßt die Kiele als die verläßlichere Variante. Die Kiele reichen angesichts der hohen Aufbauten und der Segelfläche nicht aus, denn selbst wenn die Gesamtfläche beider Kiele der einer gleich großen Kielyacht vergleichbar ist, verliert der Querauftrieb durch die Zweiteilung. Nur in ganz ruhigem Wasser bei kräftigem Wind und entsprechend hoher Fahrt erreicht das Boot einen Kreuzwinkel zwischen 90° und 100°. Gegen Seegang aufkreuzen ergibt schnell eine Abdrift von 10°, so daß ein Kreuzwinkel zwischen 110° und 120° realistisch erscheint. Beim Segeln aus dem Kalmarsund Kurs Christiansö blies ein leicht südlicher West mit bis zu 7 Bft, jedoch mit weich eingeschwungener See. Wir konnten dauernd 55-60° am Wind laufen mit 8 bis 12 kn Fahrt und geringer Drift.

Das elegante Aussehen des Bootes wird unter anderem dadurch erreicht, daß die Kajüte trotz Stehhöhe die Rümpfe nur wenig überragt. Dies führt dazu, daß die mittige Wanne der Kajüte nur knapp 30 cm über der Wasseroberfläche hängt. Bei geringer Windstärke und kurzer See schlagen die Wellen an diesen Kasten und bremsen das Boot ab. Auch dadurch erhöht sich die Abdrift. Beim Aufkreuzen in den Schären gegen kräftige Brise knallte fast jede Welle an diese Wanne, ein unangenehmes Gefühl nicht nur wegen des Lärms und der Schwierigkeit, auf dem Tisch zu schreiben oder Navigation zu betreiben. Auch Sorgen bzgl. der Festigkeit schleichen sich ein, denn natürlich sind in den Ecken Haarrisse zu erkennen.

Geschwindigkeit

¯Cats¯ ist schnell, ohne Frage. Gleich großen Kielyachten läuft sie auf allen Kursen davon, größeren nur bei entsprechenden Windstärken, denn sie ist wie alle Mehrrümpfler untertakelt. Mehrfach segelten wir Etmale von 100 sm und mehr, in einem normalen Arbeitstag. Unter Segeln gegen 9.30 aus Marstrand, 65 ° am Wind mit zunächst 2-3 Bft, ab Mittag Bft 4-5, Fahrt 8-12 kn, gegen 20.00 in Grenaa, 100 sm. Spektakulär war die Überfahrt über das Kattegatt von Säby auf Jütland nach Marstrand in Schweden bei NW 5-6. Ungerefft lief das Boot oft 13-15 kn, mit einer Spitze von 17,5 kn. In 4 Stunden sind wir die 50 sm abgelaufen, ein völlig neues Segelgefühl. Für den Kapitän natürlich dauernde Höchstspannung, denn ¯Mann über Bord¯ É nicht dran denken.

Ein weiteres Mal sind wir über 17 kn gelaufen, bei schräg achterlichen 4-5 Bft. Da war dann auch die Grenze des Bootes zu erkennen: Wenn sie die Wellen runtersurft addieren sich die Bugwellen der Rümpfe im Zwischenraum leider gerade da, wo die Gondel hängt, die auf der Bugwelle aufschwimmt. Das Boot kippelt dann ganz eigenartig hin und her. Die Doppelbugwelle staut sich in dem Raum zwischen den Rümpfen und – so war mein Eindruck – da stoppt sie sich selber, da kommt sie nicht drüber. Jedes Höherhängen der Gondel verschiebt diese Grenze, ein Berliner Clubmitglied hat einen solchen Umbau durchgeführt, bin gespannt, was er dazu sagt.

Sicherheit

Die Fahrt Ô94 war mein erster Törn als Skipper auf einem Mehrrümpfer. Verständlich, daß ich damals jede Bewegung, jedes Geräusch mit kritischer Aufmerksamkeit, teilweise alarmiert wahrgenommen habe. Das hat sich eingeschliffen und wir haben ein Grundgefühl der Sicherheit bekommen. Unsere Kernfrage an die Boote ist nun mal, wann wird es kritisch und wie bemerke ich dies?

Wir werden darauf keine klare Antwort erhalten. Je nach Zusammensetzung der Mannschaft ergeht auch der Appell zum Reffen an den Skipper, von gemischten und Damenmannschaften früher als von Herren-Crews. Die Mehrrümpfler sind alle untertakelt, daher liegt die Reffgrenze erst bei höheren Windstärken.

EDEL hat in der Kajüte 2 nach vorn gerichtete Fenster, zum Öffnen für frische Luft bei heißem Wetter. Die erlauben einen Blick auf die beiden im Seegang arbeitenden Rümpfe. Ziemlich gut ist zu erkennen, daß z. B. der Leerumpf 15 cm tiefer geht, während der Bug des Luvrumpfes sich bereits deutlich auf den Wellen heraushebt. Man könnte sich 2 Marken an jedem Rumpf vorstellen, die das Reffen anzeigen. Aber wo die Grenze ist – vielleicht sollten wir es nicht ertrotzen. Bewährt hat sich: Bei 6 Bft ein Reff, die Fock/Genua 0,5 m eingerollt, aber ist dies die Grenze ?

Sicherheitsrelevant sind z.B. auch die Ruder. Bei den oben zitierten beträchtlichen Geschwindigkeiten wirken hohe Kräfte auf die Ruder, besonders, wenn der Rudergänger beim Surfen ins Wellental bei schräg achterlich schiebender Welle das Rumdrücken verhindern will – manchmal brauchte der Rudergänger Hilfe. Da kann man nur hoffen, daß alle Teile großzügig dimensioniert wurden. Meist laß ich sie lieber anluven als sie zu zwingen.

Am 19./20. Juli werde ich ¯Cats¯ wieder von einem Vorcharterer übernehmen, in Karlskrona, zur IMM. Ich hoffe, daß ich dort viele auch aus unserm Verein wiedersehe, falls ohne Boot finden sich sicher Mitsegelgelegenheiten.

Autor: ???