Corsair F24 MK II

 

An dieser Geschichte ist weder das Boot (Trimaran F 24 MK II), noch das Revier (Ionische Inseln, Griechenland) noch die Saison (Hochsommer) einzigartig. Wenn überhaupt etwas an diesem Bericht erwähnenswert ist, dann der Blickwinkel: War ich vergangene Saison noch mit dem Kielboot unterwegs, dient mir dieses Jahr der Farrier-Trimaran als Segeluntersatz. Hat der Umstieg auf den Multi das gebracht, was sich der Mono-Skipper erhofft hat? Was war mit dem Multi besser, was war schlechter als erwartet?

Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: An Bord der Sun Odyssey 33 sind die Vorstellungen der fünfköpfigen Familie kaum mehr unter einen Hut zu kriegen. Die Konsequenz: Schluss mit dem Familienboot, hin zu dem trailerbaren Daysailer vor dem Feriendomizil im Süden.

Gegen einen Batzen Geld erlöse ich einen sechs Jahre alten F 24 MK II am Starnberger See aus seinem Scheunendasein. Das Boot ist in sehr gutem Zustand. Es wurde nur selten gesegelt, und dann auch nur im Süßwasser und es wurde fast nie getrailert. Der Voreigner hat zum Glück nur in Segeltechnik investiert (5 Segel sind an Bord) und keinen Schicki-Micki-Kram an Bord geschleppt.

Irgendwie hatte ich im Frühjahr 2001 dann doch etwas mit den Terminen durcheinander gebracht, denn als ich in einer lauen Mainacht kurz vor Mitternacht den Anhänger in Frankfurt am Main ankoppelte, habe ich für meine erste große Trailerfahrt genau 15 Stunden und 37 Minuten Zeit, um die Fähre in Triest zu erreichen. Noch auf der Autobahnauffahrt verinnerliche ich meine guten Vorsätze: Auf ebener Strecke nie über 80 km/h und Berg runter bloß keinen Lkw überholen! Naja, eine Autobahnvollsperrung, Regen und starken Wind zu Beginn der Fahrt ließen mich meine guten Vorsätze doch bald vergessen.

In Triest empfängt mich eine Bullenhitze, hunderte von Lkws mit laufenden Motoren, deren Abgase den Warteplatz verpesten und viele Bulgaren, Iraner, Albaner, Griechen, Rumänen, Polen, Slowenen, Kroaten usw., die alle einmal an meinem Trimaran rütteln oder klopfen wollen. Die Trucker auf der Fähre wissen auf der etwa vierundzwanzigstündigen Überfahrt nach Igouminitsa eine Menge Schauergeschichten vor allem über die Albaner zu erzählen. Alles halb so schlimm. Am Aufregendsten empfinde ich die kurze Fährpassage zwischen Preveza und Aktio: Trotz eines guten Dutzend griechischer Einweiser, die allesamt ¯Hella, hella!¯ schreien, bin ich die Fähre heil rauf und wieder runter gekommen.

Fazit: Die Trailerfahrt über die Alpen mit zwei Fährpassagen ist keine Hexerei (der Hänger war auch nicht überladen!). Aber ich würde es nicht jedes Jahr machen wollen. Die Gesamtfahrzeit beträgt etwa 48 Stunden und kostete mich rund 1.100 DM.

Ich habe einen Tag gebraucht, um das Boot fürÕs Kranen fertig zu machen. Das Aufriggen war dabei noch die motivierendste Arbeit. Das Hin- und Herräumen in der engen, heissen Kajüte ist da doch viel nerviger. Am nächsten Morgen geht es dann ins Wasser!

Dann verholte ich das Boot mit einer Hand Ð und hier fängt der eigentliche Bootsvergleich schon an Ð an das Ende des Steges, um mich den letzten Vorbereitungen vor dem Ablegen zu widmen: Ruderblatt ins Wasser, Schwert runter, Selbststeueranlage testen, Segelpersenning ab, Fallen anschlagen, Schoten checken, Außenborder starten Ð ja, und dann ist es soweit: Lossegeln! Erster Eindruck: Weil vergleichsweise kaum Krempel an Bord ist und das Wenige dann auch noch viel leichter ist, geht alles schneller und leichter von der Hand als bei meinem Mono!

Ein leichter Drücker genügt, das Boot nimmt Fahrt auf, Vorwärtsgang rein, Bug in den Wind, Haupt hoch, dichtnehmen und abfallen, Motor aus und hochklappen, Fock hoch. Schon gleitet das Boot mit 7 Knoten durch das Wasser. Nach ein paar Schlägen ist klar: Das Bötchen lässt sich super gut manövrieren.

Alles soweit o.k. an Bord, die letzten Kleinigkeiten können warten. Durch den betonnten Preveza-Kanal schiebt mich der 6-PS-Mariner aufs Meer (Tage später werde ich den Kanal aufkreuzen). Draußen weht ein leichter Wind aus Südwest und ich kann Lefkas anliegen.

Außer mir segelt keiner: alle anderen (Monos) motoren Ð wild von backbord nach steuerbord und zurück geigend. Zweiter Eindruck: Das Boot springt gut an und segelt auch bei wenig Wind recht ordentlich.

Kurz vor Lefkas legt der Wind etwas zu, sodass richtig Leben in den Tri kommt. Die Einfahrt in den Lefkas-Kanal wird dann doch etwas aufregender, denn auch ohne Segel am Mast treibt das Boot wie eine Feder auf dem Wasser. Ab 6 Beaufort mit entsprechender Welle dürfte mit der Motorisierung dann Schluss mit lustig sein. Dritter Eindruck: Beim Manövrieren ist die Abdrift hoch und um steuerbar zu bleiben, braucht das Boot eine gewisse Grundgeschwindigkeit, die wiederum mit dem Außenborder zu reduzieren nicht ganz einfach ist Ð vorausschauend manövrieren!

Am Nachmittag kreuze ich nach Süden Richtung Meganision und freue mich an Höhe und Geschwindigkeit, die der Trimaran an den Tag legt. Mehrfach zeigt das Log deutlich zweistellige Werte an, vom Gefühl her rasen wir nur so übers Wasser! Die Gischt fliegt und ich hänge jeden Mono ab! Das macht Freude! Vierter Eindruck: Tri-Segeln macht einfach mehr Spaß!

Der Spaß hört schlagartig auf, als der Wind wie ausgeknipst ausbleibt, die Windsee aber bleibt. Ein Ritt wie auf einem Rodeopferd beginnt: Der leichte Tri wird von den Wellen wild hin- und hergeworfen, es poltert und klatscht ohne Ende. Der Außenborder gibt sein Bestes, lautstark und stinkend. Fünfter Eindruck: In der Welle ohne Wind motoren ist noch schlimmer als mit dem Einrümpfer!

Dann kommt das Ankern, das tägliche Brot eines Griechenland-Seglers. Endlich will ich meinen Traum wahr machen: Dort ankern, wo die Monos nicht hinkommen! Der erste Ankerplatz ist schnell angepeilt, hatte ich mit ihm doch schon seit langen (Mono-)Jahren geliebäugelt: Dort, ganz am Ende der kleinen Bucht im knietiefen Wasser! Wenn ich einmal davon absehe, dass ich alleine an Bord bin, um Pinne, Außenborder, Schwert und Ankergeschirr zu bedienen, bin ich mit meinem ersten Heckankermanöver ganz zufrieden. Fairerweise muss ich hinzufügen: in der Bucht regte sich kein Lüftchen. Als das Echolot 1,5 m anzeigt, lasse ich den 11 kg schweren Bügelanker ins Wasser plumpsen, der gleich darauf den Kettenvorläufer vom Backbordtrampolin nach sich zieht, bis sich dann das Gurtband abspult. Als der Mittelrumpf fast den Strand berührt, stoppe ich das Boot mit der Hand und belege die Bugleine an einem Olivenbaum. Ich schwebe über dem grasbewachsenen Grund kaum 3 Meter vom Ufer im Innersten der Bucht weit weg von dem lärmenden Pulk der Einrümpfer einsam und sicher wie in Abrahams Schoß! Sechster Eindruck: Dank eines Tiefgangs von kaum mehr als 30 cm erschließen sich dem Tri konkurrenzlose Ankerplätze.

Eine kleine Erfrischung aus der 5-l-Solardusche und dem mega-geilen Sundowner auf dem Trampolin steht nichts mehr im Wege! Leute, was gibt es schöneres als Après-Segeln?! Alleine an Bord habe ich auf dem fast 40qm großen Deck Platz wie ein König. Durch die Trampoline wirkt das Boot riesig. Siebter Eindruck: Das kleine Boot bietet außen enorm viel Platz.

Die Kombüse hat Camping-Niveau. Um einen Cappuchino oder einen Salat zuzubereiten aber reicht es. Ansonsten heißt die Devise: Unters Volk mischen und an jeder Taverne einen Bier- oder Eisstop einlegen. Zum Schlafen aber oder um Schutz vor der Sonne zu suchen reicht der Platz in der Kajüte allemal. Achter Eindruck: Innen istÕs etwas eng.

Neunter Eindruck: Alleine auf so einem kleinen Boot unterwegs zu sein, erweckt das Interesse und das Mitleid all jener gestandener Segler, die sich ein ¯richtiges Segelboot¯ leisten können. Mit so einem Segeluntersatz wird man zum Exoten. Noch nie bin ich so oft auf ein Glas oder zum Essen eingeladen worden, wie bei diesem Törn. Und noch nie hatte ich so viele erfrischende Begegnungen.

Zehnter Eindruck: Wie froh bin ich, um jedes Stück Technik, das ich nicht mehr an Bord habe: Dieselfilterdichtung, Lichtmaschinenregler, Ersatzdichtungen für die Toilette und Stevenfett Ð auf all das und noch viel mehr verzichte ich allzu gerne! Wer mit offenen Ohren genau hinhört, muß sich sehr über die Fülle von technischen Problemen wundern, über die genervte Eigner nur allzu gerne berichten, wenn ihre Boote in die Jahre gekommen sind. Motorkühlung, Startelektrik, Navigationselektronik und Toiletten Ð das sind nach meiner Erfahrung die Lustkiller und Peinerzeuger an Bord. Was das Werkzeug angeht, lautet mein Ziel für das nächste Jahr: Nicht mehr als einen Leatherman und eine Dose WD 40 an Bord mitführen!

Gerade habe ich die sechste Segelwoche mit meinem Trimaran beendet und damit die erste Saison mit meinem neuen Boot abgeschlossen. Zeit, ein Fazit zu ziehen:

Dadurch, dass der Tri schon bei wenig Winden unbeirrt seine Bahnen zieht, komme ich viel öfter und länger zum Segeln, als dies bei meinem Mono der Fall war, der erst ab 3 Beaufort so richtig zu Laufen begann. Bei mittleren Winden ist das Segeln mit dem Tri eine wahre Lust!!! Werden die Wellen bissig, gilt es Kreuzkurse zu vermeiden. Genauso wie auch längere Fahrten unter Motor.

Bei Kurzurlauben wird der bescheidene Wohnkomfort unter Deck durch das Fehlen an Technik mehr als aufgewogen: ¯Keep it simple¯ hat was! Was an Raum unter Deck fehlt, hat der Tri an Deck im Überfluss: Platz! Und so muss es unter Griechenlands Sonne auch sein! Und falls sich der Bootskoller dann doch mal einstellen sollte, ist ein Appartement für einige Tage ganz schnell gemietet.

Dank des geringen Tiefgangs (0,30 m wenn Ruder und Schwert oben sind) und dem geringen Bootsgewicht (leer um 800 kg) nimmt die Auswahl der möglichen Ankerplätze im Vergleich zu einem Kielboot extrem zu. Ab jetzt ist ¯beachen¯ angesagt: Heckanker ins Wasser und gaaaaanz vorsichtig auf den Strand, ein Kissenfender unter den Bug) und der Zwischenstopp ist in trockenen Tüchern. Auch die Sorge beim Ankern, Charter- oder Flotillenbooten mit ihren ach so erfahrenen Skippern in die Quere zu kommen, gehört der Vergangenheit an: da wo ich ankere, ankert keiner.

Weil der 6-PS-Langschaft-2-Takter wirklich nicht viel mehr ist als ein Hilfsmotor, ist die Tourenfähigkeit des Trimaran in Leichtwindrevieren arg eingeschränkt. Da es zwischen den größeren Inseln im Ionischen Meer keine Windgarantie gibt, würde ich mir Schläge von 40 Seemeilen und mehr gut überlegen, denn in der Flaute über Stunden von dem Tröterich geschoben werden zu müssen, geht mir bei der Hitze dort gehörig gegen der Strich.

Bis jetzt bin ich im Ionischen Meer noch keinem schweren Wetter begegnet. Gut, es gab einige sehr bissige Fallböen, aber da das Meer meist keine nennenswerten Wellen aufwirft, habe ich in den Hochsaisonmonaten noch nie mit dem Rücken zur Wand gestanden. Dennoch vermute ich, dass ich mich bei Hack auf einem Kielboot sicherer fühlen würde als auf dem Trimaran.

Auf den Punkt gebracht: Der F 24 MK II ist ein sportliches Boot bei dem der Segelspaß im Vordergrund steht. Wer dafür bereit ist auf Wohnkomfort und Technikprobleme zu verzichten und sich an entlegenen Ankerplätzen freuen kann, kommt mit dem Multi sicherlich auf seine Kosten.

Autor: Hansjörg Hennemann